Green IT beschäftigt sich seit über dreißig Jahren mit der Frage, wie IT selbst umweltschonender sein kann, aber auch zur Nachhaltigkeit insgesamt beitragen kann. Angefangen hat alles 1988 mit dem ersten Recyclingzentrum von Fujitsu. [1]
Aber was ist eigentlich Nachhaltigkeit und wie trägt Green IT dazu bei?
Nachhaltigkeit: Notwendigkeit und Innovationstreiber
Unternehmen müssen ganzheitlich im Sinne der Nachhaltigkeit umdenken, um zukünftige Herausforderungen souverän meistern zu können. Nachhaltige Geschäftsmodelle, innovatives Denken und Handeln unter Berücksichtigung ökologischer, ökonomischer und sozialer Aspekte sowie ein auf das jeweilige Unternehmen ausgerichtetes, nachhaltiges Digitalisierungskonzept sichern den langfristigen Erfolg. [2]
Wie passen Digitalisierung und Nachhaltigkeit eigentlich zusammen?
Digitalisierung ist der Megatrend des 21. Jahrhunderts: Von IoT über Augmented Reality bis hin zu Blockchain. Digitalisierung ist allgegenwärtig und damit Chance und Risiko zugleich. Die Geschwindigkeit, mit der sich enorme Datenmengen Tag und Nacht durch unsere Leitungen bewegen macht deutlich, welche Auswirkungen dies auf unser Verhalten, unsere Denkweise und damit unser ganzes Leben hat.
Dieser Megatrend fordert alle Unternehmen zu einem digitalen Wandel auf – durch eine ganzheitliche Betrachtung des Zielbilds Nachhaltigkeit, die sich aus den drei Dimensionen Ökologie, Ökonomie und Soziales zusammensetzt. Diese Dimensionen bilden die Grundlage für eine nachhaltige Entwicklung, die durch eine sehr hohe Dynamik und innovatives Handeln geprägt ist.
Sowohl Digitalisierung als auch Nachhaltigkeit sollten als Chance für Unternehmen angesehen werden: Sie können diese als Innovationstreiber, Vision und Inspiration nutzen, um sich zukunftsfähig zu positionieren.
Leisten Unternehmen ihren Beitrag zu einem besseren Morgen über den Ansatz einer nachhaltigen Digitalisierung, werden sich mittel- bis langfristig ökonomische und ökologische Vorteile wie beispielsweise effizientere Arbeitsabläufe aber auch deutliche Einsparungen bei der Energie- und Ressourcennutzung ergeben.
Doch wozu der ganze Aufwand? Die Gründe für eine nachhaltige Digitalisierung liegen nahe: Eine zunehmende Marktdynamik, immer mehr und neue Wettbewerber, innovative Produkte und Dienstleistungen junger Unternehmen – sie alle sind verantwortlich für den digitalen Wandel. Was sie alle am Ende des Tages jedoch verbinden muss ist die Motivation, Digitalisierung in einem Maße zu nutzen, um damit einen positiven Beitrag für unsere Gesellschaft zu leisten. Für heutige und zukünftige Generationen.
Haben Unternehmen verstanden, wie wichtig Nachhaltigkeit ist und welche Chancen sie mit sich bringt, gilt es diese sukzessiv im Rahmen ihrer Corporate Digital Responsibility und damit als Teil ihrer Corporate Social Responsibility umzusetzen.
Digitale Nachhaltigkeit und Green IT
Auf dem Weg zu einem klimafreundlichen Unternehmen wird häufig außer Acht gelassen, dass auch jedes technische Gerät aus endlichen und oft schwer zu gewinnenden Rohstoffen und Energie besteht. Mithilfe des Green IT-Ansatzes finden Unternehmen Lösungen für eine möglichst energie- und ressourcenschonende Nutzung ihrer Rechenzentren und IT-Geräte.
Dazu gehört, dass
- Hardware möglichst lange genutzt wird,
- nur so viel Technik in Betrieb genommen, wie wirklich benötigt wird,
- und auf gebrauchte Hardware zurückgegriffen wird,
- oder Hardware beschaffen wird, die sich reparieren lässt.
Alles andere wäre nicht nachhaltig.
Was tun wir bereits in Sachen Green IT?
Hardware – vermeiden, lange verwenden, recyclen
Wenn wir nicht gerade im Homeoffice arbeiten und so Ressourcen bei der Anfahrt sparen, laufen unsere Bildschirme im Büro mit Ökostrom. Ebenso investieren wir in eigene Solaranlagen und -parks, um den Ausbau erneuerbarer Energien zu fördern.
In Sachen Hardware setzen wir bereits darauf, so wenig wie möglich anzuschaffen. Wir ermitteln unsere unternehmensinternen Bedarfe individuell und vermeiden so Ressourcenverschwendung durch eine kaum genutzte Ausstattung oder ein neues MacBook im Zwei-Jahres-Rhythmus.
- Unsere Vertriebs-Mitarbeiter/-innen müssen überall erreichbar sein und bekommen ihr eigenes Diensthandy. Unsere Software-Entwickler/-innen telefonieren seltener und nutzen vorwiegend Google Hangout oder unser Softphone.
- Laptops als Arbeitstiere werden bei uns bei Bedarf angeschafft und ausgetauscht. Beispielsweise wenn sie nicht mehr leistungsfähig genug sind – oder defekt.
- Bevor Laptops aber abgeschafft werden, prüfen wir, ob ein Upgrade durch eine schnellere Festplatte oder mehr Speicher möglich und sinnvoll ist. So erhalten diese noch eine zweite Chance.
Durch die lange Verwendung, Reparatur und Aufrüstung von Hardware hat man zwar nicht immer das heißeste MacBook, ThinkPad oder iPhone, tut aber eine ganze Menge für unseren Planeten.
Auf Papier verzichten
Wir unterstützen mit unserer Software unsere Berater/-innen bei der Digitalisierung. Bereits heute können sie über finfire mit ihren Endkundinnen und Endkunden vertraulich und rechtssicher kommunizieren und eine Investmentberatung digital durchführen. Die Kommunikation mit Banken und Versicherungsgesellschaften wird ebenfalls Schritt für Schritt digitaler.
So wird künftig kein Papier mehr benötigt werden, um ein Investmentdepot zu eröffnen oder über den aktuellen Stand meiner Versicherungsverträge Bescheid zu wissen.
Seit Juli 2020 können wir dank eines revisionssicheren, digitalen Archivs Rechnungen rein digital verschicken und sparen so jeden Monat Unmengen an Papier ein.
Unsere Personalverwaltung ist weitgehend papierlos. Unsere Mitarbeiter/-innen erhalten ihre Gehaltsabrechnung ausschließlich digital. Und Urlaubsanträge werden schon längst per Mausklick eingereicht.
Die klimaneutrale Google Cloud
Unsere Webanwendung finfire betreiben wir in der Google Cloud. Dadurch sparen wir uns ein eigenes Rechenzentrum, in der physische Server ineffizient genutzt würden.
Der Cloud-Betrieb ermöglicht eine geteilte Nutzung von physischen Ressourcen, je nach Auslastung. Für eine entsprechende Optimierung sorgt der Cloud-Betreiber.
In Sachen Klimaschutz ist Google bereits heute Vorreiter und bereits seit 2007 klimaneutral. Da der Ausgleich von Emissionen aber nicht genug ist, sorgen sie bis 2030 für einen CO2-freien Betrieb durch konsequente Verwendung von erneuerbaren Energien. Das von uns genutzte Rechenzentrum in Belgien nutzt bereits bis zu 68 % CO2-freie Energiequellen. [3]
Ebenso nutzen wir den Google Workspace für E-Mail, Kalender und Office-Anwendungen, sodass wir auch für unsere Kommunikation keine eigenen Server benötigen.
Was können wir noch tun?
Frei nach dem Pareto-Prinzip sind die ersten achtzig Prozent zu Green IT zügig zu erreichen. Erst recht, wenn man nur die IT betrachtet. Ökostrom nutzen, weniger kaufen, auf den richtigen Anbieter achten, Homeoffice ermöglichen – schon gleicht man vieles aus. Aber auch in der IT können wir noch mehr tun:
- Konsequenter papierlos werden: Noch ist bei weitem nicht alles papierlos. Wir werden aber alles dafür tun, es zu werden. Zur Ressourcenschonung und als Komfortgewinn für unsere Berater/-innen und deren Endkunden
- Die Cloud-Region wechseln: Obwohl wir durch die Wahl von Google als Cloud-Anbieter eine gute Wahl getroffen haben, ist unsere aktuelle Cloud-Region (Belgien) nicht die beste Wahl in Bezug auf Klimaneutralität. Durch einen Wechsel in die Region Finnland könnten wir den Anteil CO2-freier Energie von 68 % auf 77 % erhöhen
- Das richtige Smartphone wählen: Auch wenn Apple ebenfalls stark auf Recycling und Ressourcenschonung setzt, gibt es bessere Hersteller wie Fairphone oder Shift, die noch langlebiger und Reparatur-freundlicher sind. Wir können unsere Mitarbeiter/-innen ermutigen, eine solche Alternative zu wählen
- Eine grüne Suchmaschine verwenden: Wir können unternehmensweit Ecosia als Suchmaschine etablieren und so nebenbei Bäume erhalten und pflanzen. Die Deutsche Bahn hat es vorgemacht
- Auf Standby achten: Für den Standby-Betrieb von Geräten wird in Deutschland jährlich das Äquivalent zweier Atomkraftwerke benötigt. Wir können alle darauf achten, öfter den Schalter der Steckerleiste zu nutzen
- Im Homeoffice auf Ökostrom setzen: Auch wenn es privater Raum ist, können wir unsere Mitarbeiter/-innen ermutigen, auch zu Hause „bei der Arbeit“ auf erneuerbare Energien zu setzen. Nachhaltigkeit im Unternehmen lebt von der Beteiligung jedes Einzelnen
Nicht nur technologisch, sondern auch inhaltlich kann unsere IT zu Nachhaltigkeit beitragen. Wie können wir unsere Berater/-innen bei der nachhaltigen Produktauswahl unterstützen? Wie kann unsere Software grundsätzlich zu einer nachhaltigeren Finanzwelt beitragen? Ab wann ist ein Finanzprodukt überhaupt „nachhaltig“ und was bedeutet das überhaupt? Das ist derzeit noch unklar, aber bald notwendige Realität.
„Die IT“ als eigenständiger Teil ist nicht mehr nur im Unternehmenskontext eine veraltete Metapher. So ist es auch mit Green IT längst nicht getan. Beim Thema Nachhaltigkeit verschwimmen die Grenzen zwischen IT und dem restlichen Unternehmen immer mehr.
Daher müssen sich alle technologiegetriebenen Unternehmen die Frage stellen, wie sie Nachhaltigkeit als Zielbild etablieren wollen – in der Digitalisierung und weit darüber hinaus.
Über die Co-Autorin
Carina Salzmann ist Senior Consultant bei Cassini Consulting und setzt sich für eine bessere Zukunft ein. Durch Nachhaltigkeitsberatung in Unternehmen nutzt sie den größten Hebel, eine nachhaltigere Wertschöpfung zu etablieren, die die ökologische, soziale und wirtschaftliche Nachhaltigkeit gleichermaßen berücksichtigt.
Quellen:
[1] https://www.computerwoche.de/g/die-geschichte-von-fujitsu,102046,10
[2] Jacob, M. (2019). Digitalisierung & Nachhaltigkeit. Eine unternehmerische Perspektive. Springer.
[3] https://cloud.google.com/sustainability/
Bilder:
Canva
Free Creative Stuff von Pexels