Meine digitale Mission bei Netfonds

Dietgar, seit Mai 2019 bist Du nun der Vorstand Technology der Netfonds. Wie kam es dazu?
Netfonds ist ein erfolgreicher Dienstleister der Finanzindustrie. Damit wir erfolgreich bleiben, muss die Digitalisierung Einzug halten. Sie muss in der unabhängigen Finanz- und Versicherungsberatung spürbar werden, indem Prozesse kundenfreundlicher und zugleich schlanker werden – meine Mission bei Netfonds. So sind wir zusammengekommen, denn zeit meines Berufslebens suche ich nach Möglichkeiten, Themen neu (mit-)zu gestalten.

Die digitale Transformation macht vor keiner Branche halt. Über die Finanzbranche sagt man, sie stecke bei der digitalen Transformation in den Kinderschuhen. Wie kann man Netfonds hierbei einordnen?
Mmh [Dietgar schmunzelt und blickt auf seine Schuhe]. Also Kinderschuhe tragen wir in der IT nicht. Sneaker passen da deutlich besser, zumindest besser als die klassischen Lederschuhe. Manchen neuen Kolleginnen und Kollegen fällt auf, wie selbstverständlich bei Netfonds der Umgang mit RPA, Cloud und Google Workspace ist. Fragt man Branchenvertreter, wird unser Fortschritt in der digitalen Transformation daran abgelesen, wie wir die Sparten Versicherung und Investment zusammenbringen und auf eine 360-Grad-Plattform heben. Fragt man mich, dann sage ich, dass die finfire-Plattform unseren Grad der digitalen Transformation widerspiegelt. Das ist zu erkennen an der Art, wie wir die immensen Datenmengen verarbeiten und zugleich stringente, aufsichtsrechtlich konforme, automatisierte und kundenzentrierte Prozesse modellieren und zur Umsetzung bringen.

Daher glaube ich, dass wir als Netfonds den Kinderschuhen entwachsen sind und eine Vorreiterrolle in unserer Branche einnehmen.

Ist mit der Verbindung der Sparten Versicherung und Investment die 360-Grad-Plattform abgeschlossen?
Ganz bestimmt nicht! Wir arbeiten und denken agil. Unsere Produkte, unser Leistungsangebot werden stetig weiter verbessert. Die 360-Grad-Plattform werden wir also nie vollenden. Zum Beispiel könnten die Sparten Immobilieninvestment und Banking den Kreis noch runder machen. So viel ist sicher: Wir haben noch viele Ideen…

Worauf bist Du bei Eurer 360-Grad-Plattform finfire besonders stolz?
Ich könnte jetzt anfangen mit Zahlen um mich zu werfen wie Schnittstellen zu über 120 Versicherungsunternehmen und 20 Depotbanken, täglicher Import von 2,5 Millionen Kursinformationen etc. Aber eigentlich dreht sich am Ende des Tages alles nur um eines – unsere Anwender. Das UI/UX hat viel geschwitzt, um finfire so hinzukriegen, dass sowohl der Investment- als auch der Versicherungsberater intuitiv arbeiten können. So kann der Berater z.B. während seines Termins gemeinsam mit dem Kunden in finfire seinen Beratungsprozess durchklicken – so wird die Beratung maximal transparent. In finfire kann der Endkunde alles sehen: Seine Verträge, Transaktionen und auch den Austausch mit seinem Berater über unsere Postbox – die ist übrigens vollkommen rechtssicher. 

Unser Ziel ist es, unsere Branche digitaler zu machen – jeder Papierantrag, jeder Scan soll zukünftig teilautomatisiert und digital überall erstellbar und abrufbar sein. Damit unsere Berater maximal unabhängig arbeiten können und trotzdem immer alles parat haben, egal wo sie sind. Das geht nur mit aktuellen TechStacks – wir entwickeln agil mit aktuell vier Scrum Teams. Und alles dreht sich um Java bei uns – und damit meine ich natürlich nicht die Kaffeetasse [er lacht]. Nein, im Ernst unser Leitsatz für finfire ist “API first”, dahinter verbirgt sich unsere Microservice Architektur.

Als Vorstand Technology arbeitest Du eng mit der IT zusammen. Aber muss bei Netfonds jeder IT beherrschen, um die Digitalisierung vorantreiben zu können?
Die Worte „beherrschen“ und „IT“ kenne ich nur so: Ohne IT ist Komplexität nicht mehr beherrschbar. Bezogen auf Mitarbeiter denke ich, dass „beherrschen“ ein zu großes Wort ist. Ein gute Lernfähigkeit zu besitzen und den agilen Mindset zu verstehen, zu leben und mitzugestalten sind zwingende Voraussetzungen, um in einem digitalem Unternehmen tätig zu sein.

IT und Business waren früher häufig klar voneinander abgrenzbar. Wie hat sich deiner Meinung nach das Rollenverständnis in Unternehmen verändert?
So wie ich es kennengelernt habe, wurde die IT oft nur als interner Dienstleister gesehen. Das Business ruft in die IT etwas rein und die IT setzt um. An den Stellen, an denen es Business Spezifika gab, wurden diese ohne weiteres Hinterfragen implementiert. An den Stellen, wo keine Spezifika vorhanden waren, wurde entweder nichts umgesetzt oder nach bestem Wissen etwas entwickelt. Das war für das Business zu Beginn auch ganz praktisch: „Macht mal was“ oder „hier passiert ein Wunder“ konnte man oft in der IT hören. Am Ende des Tages funktionierte die Umsetzung natürlich bei komplexen Fragestellungen nicht oder dauerte deutlich länger. Daher sollten IT und Business einander besser verstehen, besser zusammenwachsen. Die IT muss also auch Berater fürs Business sein.

Du hast vorhin bereits das “agile Mindset” als Notwendigkeit angesprochen. Warum hat Agilität so einen Aufwind erhalten?
Kurz und knapp: Aus der Not heraus. Nicht nur die IT kommt aus einem sehr planungsgetriebenen Ansatz, sehr ingenieurwissenschaftlich. In die Tüte gesprochen: Bevor wir nicht den Masterplan fertiggestellt haben, fangen wir nicht an. Aber sind wir mal ehrlich, mittlerweile hat alles eine so hohe Komplexität bekommen, da ist jeder vollumfängliche Plan direkt zum Scheitern verurteilt. 

Ein Produkt bei uns ist heutzutage so komplex durch seine ganzen Abhängigkeiten und wenig greifbar. Da braucht man einen Weg, um es dennoch erfolgreich entwickeln zu können. Hier brauchen wir die Agilität: Mit agilen Methoden kommt man überhaupt erstmal in die Lage, (Teil-)Ergebnisse zu produzieren.

Was bringen agil arbeitende Softwareentwickler mit? Und welche Kultur und Organisationsform sind für agiles Arbeiten erforderlich?
Für die agile Softwareentwicklung braucht man nicht nur Softwareentwickler. Wir brauchen Teams mit Scrum Mastern, Product Ownern, Business Analysts, Agile Coaches, Designern und Architects, um nur ein paar zu nennen. Gemeinsam haben wir alle ein Ziel: Minimum Viable Product (MVP). Wir zerlegen das Ziel in einzelne Aufgaben – die wichtigsten Aufgaben werden zuerst umgesetzt. Das ist in der Tat schwieriger, als es sich anhört. Die Teams müssen lernen die Verantwortung komplett zu übernehmen. Dafür müssen wir ihnen im Gegenzug die volle Autonomie zugestehen.

Für das MVP holt sich der PO im Vorfeld die Anforderungen ab – da haben wir das why und what. Das how wird ausschließlich durch das Team festgelegt. Es muss immer der Mehrwert des Kunden im Auge behalten werden.

In welchen Formen ist Dir Agilität schon begegnet?
Während meines bisherigen Berufslebens beobachte ich, wie sich der Markt und die Technologien immer rasanter und radikaler ändern, dabei aber auch immer komplexer werden. Dadurch entstehen für uns als Unternehmen Challenges, die wir mit den klassischen Ansätzen nicht mehr bewältigen können. Viele Unternehmen sind motiviert agil zu arbeiten, aber scheitern an der nachhaltigen Umsetzung – „agile in name only“ fällt mir dazu ein. Man möchte es, lebt es dann aber doch nicht, sondern behält die alten Zöpfe der Kontrolle, Hierarchie oder lässt dann doch keine echte Autonomie zu. Wie immer im Leben steht und fällt die Umsetzung mit den Menschen.

Der Markt um Talente in der IT Branche ist hart umkämpft. Im Jahr 2020 waren laut einer bitkom Studie rund 86.000 IT Stellen in Deutschland unbesetzt. Bei den schwierigen Rahmenbedingungen setzt Ihr vermehrt auf externe Unterstützung?
So viel vorweg: Externe Mitarbeiter beschäftigen wir kaum noch. Meiner Meinung nach ist Outsourcing allgemein meist erfolglos und dauert auch deutlich länger. „You build it, you run it“ ist hier ein Leitsatz, der sich in den letzten Jahren bewahrheitet hat. Das kann man auch allgemein ganz gut beobachten – viele Unternehmen holen ihre IT wieder zurück, da wo sie hingehört – ins eigene Unternehmen.

Unser neuester Streich ist der Netfonds techblog. Dort gibt es Einblicke in unsere Tech Welt sowie Themen, die uns aktuell umtreiben.

Wie schafft es Netfonds neue Teammitglieder in der IT zu gewinnen? Was macht Ihr dafür?
Wir haben viele verschiedene Quellen. Viele kommen über das persönliche Netzwerk der Mitarbeiter, denn sehr gute Leute kennen meist sehr gute Leute. Unser Recruitingprozess ist sehr unkompliziert und schnell mit unserem Team&Tech Fit. Unser Kandidat sieht direkt, was auf ihn zukommt und unser Team kann schauen, ob .. wie heißt es auf Tinder [er lacht]… ein Match ist. Wir arbeiten manchmal mit einigen ausgewählten Headhuntern zusammen. On top begleite ich ab und an Vorlesungen im Rahmen des Semesters an einer FH, um so Young Talents auf uns aufmerksam zu machen. Aktuell bauen wir ein in Deutschland verteiltes Team auf: Du darfst arbeiten, wo Du möchtest, egal mit welchem Device und organisierst Dich eigenständig mit und in Deinem Team.  In Summe haben wir im vergangenen Jahr schon viele tolle Kolleginnen und Kollegen an Bord holen können. Unser neuester Streich ist der Netfonds techblog. Dort gibt es Einblicke in unsere Tech-Welt sowie Themen, die uns aktuell umtreiben.

Bild: Canva

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